Der Corporate Newsroom setzt da an, wo Unternehmen ohne journalistischen Hintergrund an ihre Grenzen stoßen – an der Steuerung von Prozessen im Bereich der Content Erstellung.

Die Digitalisierung ist insbesondere für traditionelle mittelständische B2B-Unternehmen eine große Herausforderung. Nicht nur Produkte und Dienstleistungen erhalten zunehmend mehr digitale Aspekte, sondern auch Marketing und insbesondere Kommunikation müssen neu gedacht werden, denn 61 % aller B2B-Geschäfte beginnen online. Konkret sind sogar 57 % des Rechercheprozesses bereits gelaufen, bis der Kunde zum ersten Mal Kontakt mit dem Unternehmen aufnimmt.

Dennoch fühlen sich 86 % aller B2B-Kunden von der Menge an Content überfordert. Um sich in den Köpfen der B2B- Entscheider zu manifestieren, ist deshalb eine klare Content-Strategie notwendig. Denn Content ist (immer noch) King, wie wir vor einiger Zeit bereits festgestellt haben.

In vielen Unternehmen ist es immer noch üblich, dass Kommunikationsthemen aus den Fachbereichen vorgegeben werden. Die einzelnen Fachbereiche haben aber keinen ganzheitlichen Blick auf das eigene Unternehmen und den Kunden. Von daher sollten sie nicht die alleinige Entscheidungsgewalt über die zu kommunizierenden Themen haben.

Um den Kunden in den Mittelpunkt zu stellen und damit einen Customer-Centricity Ansatz zu verfolgen, ist eine ganzheitliche und damit integrierte Strategie notwendig. Das Corporate-Newsroom-Modell bezieht sich auf diesen ganzheitlichen und integrierten Ansatz.

Das Corporate-Newsroom-Modell

Die Aufgabe des Corporate-Newsroom ist es, Ideen zu verfolgen und Brücken zu Fans, Mitarbeitern und Kunden zu bauen. Diese Brücken sind dabei nicht einseitig begehbar. Nach diesem Ansatz werden nicht nur Informationen aus dem eigenen Unternehmen gesammelt. Der Newsroom hat auch als Aufgabe dem Markt zuzuhören, mit ihm zu interagieren und sich daraus ergebende Impulse für die weitere Generierung von Ideen zurückzuspielen. Das Modell berücksichtigt also, dass das klassische Sender-Empfänger Modell überholt ist und von vernetzten Sender-Empfänger Modellen abgelöst wurde.

Ziel des Corporate-Newsrooms ist es, integriert zu kommunizieren, gute Geschichten zu produzieren, die Zielgruppe damit zu erreichen und Menschen zu begeistern. Dabei ist die Denkhaltung wichtig. An den Journalismus angelehnt denken Unternehmen mit einem Corporate Newsroom in Themen, nicht in Kanälen.

Aufbau des Corporate Newsroom

Corporate Newsroom Modell

Quelle: Grafik selbst erstellt nach Christoph Moss 2016, Themenorientierte Steuerung: Der Newsroom in der Unternehmenskommunikation

Der Corporate Newsroom untergliedert sich in vier oder fünf Bereiche.

  • Strategieteam
  • Themenmanagement
  • Medienmanagement
  • Chef vom Dienst
  • Foto, Video, Agenturen

Das Strategieteam ist eine Art Chefredaktion und gibt mit der Content-Strategie – im Idealfall abgeleitet aus Unternehmens- und Kommunikationsstrategie – den roten Faden vor. Die Schnittstelle vom Corporate Newsroom zu den Fachbereichen bildet das Themenmanagement. Dieses beweist Fachkompetenz und bereitet Informationen auf, während das Medienmanagement Medien, Netzwerke und Plattformen beobachtet und Inhalte, nach entsprechender Anpassung auf das jeweilige Medium, streut.

Aus dem Journalismus kommt nicht nur der Aufbau des Corporate Newsroom, auch Bezeichnungen haben zum Teil hier ihren Ursprung. So auch der Titel „Chef vom Dienst“. Als Chef vom Dienst wird der Mitarbeiter (oder das Team) bezeichnet, der Redaktionsbesprechungen leitet und anschließend an diese Entscheidungen trifft. Zu treffende Entscheidungen sind dabei unter anderem welches Thema, über welches Medium, zu welchem Zeitpunkt gespielt wird. Man könnte diese Mitarbeiter also auch als Content-Manager bezeichnen.

Denkbar ist auch ein fünfter Bereich, der den Corporate Newsroom mit der Produktion von Fotos, Videos, Monitoring, Datenanalyse und Auswertung der Ergebnisse unterstützt.

Einer der zahlreichen Vorteile ist, dass durch diese Aufteilung die Inhalte genau auf die einzelnen Medien abgestimmt sind. Zum Beispiel werden in Printmedien – deren Fokus auf Design und Ästhetik liegt – Informationen in wesentlich komprimierter Form benötigt, als für SEO relevante Blogartikel.

Wichtige Fragestellungen bei der Initiierung eines Corporate Newsroom

Um einen Corporate Newsroom in einem Unternehmen zu realisieren ist die richtige Einstellung ausschlaggebend. Es handelt sich hierbei nicht um die Umstrukturierung oder das Aufbauen einer Abteilung, sondern vielmehr um das Definieren von Prozessen unter den bestehenden Mitarbeitern. Um den Weg hin zu einem Corporate Newsroom zu ebnen, sollten sich Unternehmen noch vor der Initiierung mit folgenden Fragen beschäftigen:

  • Ist die Marketingabteilung Pflichterfüller oder arbeitet sie strategisch?
  • Kann der Bereich Content Erstellung selbstständig steuern oder ist sie getrieben (z.B. von Fachbereichen, Vorgesetzten oder Kunden)?
  • Ist das Unternehmen schnell reaktionsfähig? Beispielsweise auch Samstagabend um 23 Uhr?
  • Ist die Bereitschaft da, ein kollaboratives Tool für die Arbeit im Corporate Newsroom einzuführen?
  • Gibt es eine positive Fehlerkultur im Unternehmen?
  • Was sind die Themen für einen bestimmten Zielzeitraum und wie kann sich das Unternehmen um diese Themen herum organisieren?

Hat sich das Unternehmen dann für die Einführung eines Corporate Newsroom entschieden, ist es ratsam einen Experten mit an Bord zu holen, der als Change Manager die Integration von außen unterstützend begleitet.

Fazit

Der Corporate Newsroom bietet die Möglichkeit schnell auf aktuelle Themen zu reagieren. In der Regel gibt es durch eine Einführung weniger Content als zuvor. Dieser ist dafür qualitativ hochwertiger, aktueller und, durch die gezielte Produktion für die einzelnen Medien, relevanter für den Empfänger. Durch eine enge Abstimmung und regelmäßige Redaktionsbesprechungen wird zudem redundanter Inhalt vermieden.

Corporate Newsroom beginnt im Kopf. Es handelt sich hierbei um einen Change-Prozess zu einer agilen Arbeitsweise jenseits von festgefahrenen Strukturen aus denen nicht ausgebrochen werden kann. Dabei sollte in erster Linie bei der Einführung nicht an eine räumliche Veränderung gedacht werden, sondern viel mehr in Prozessen, die auf drei Ziele der Unternehmenskommunikation ausgerichtet sind: Aktualität – Relevanz – Customer Centricity.