Das Bundeskabinett hat am 22. April einen Gesetzentwurf auf den Weg gebracht, um gegen Kinderpornographie im Internetvorzugehen. Der Entwurf sieht vor, an den entsprechenden Weggabelungen im Internet Stoppschilder aufzustellen. Was für ein Unfug.

Massive Kritik der Onlineszene

Die einschlägigen Internetangebote sollen vom BKA indiziert und von den Providern gesperrt werden. Ein sehr undurchsichtiges und unkontrollierbares Verfahren, da die “Sperrlisten” weder einsehbar noch die Kriterien offengelegt werden. Selbst Bundesjustizministerin Zypries befürchtet, dass die Internetsperren sehr schnell auf Websites ausgeweitet werden, die nichts mit Kinderpornografie zu tun haben. Der erste Schritt in Richtung einer nicht kontrollierten Zensur im Internet ist mit dem Gesetzesvorhaben getan. Der Internetprovider 1&1 übt in einem Tagesschau-Interview scharfe Kritik an von der Leyen.

Quer durch Blogs und Microblogs wird massive Kritik laut.  Wenn das BKA die entsprechenden Seiten kennt, warum werden sie dann nicht einfach geschlossen? Die für die Sperrung nötige Software existiert zudem noch nicht. Vor der kommenden Bundestagswahl wird hier auch nichts einsetzbar sein.

Widerstand regt sich

Von Chaos Computer Club über Spiegel bis zu Spreeblick regt sich Widerstand. Den Anfang machte der Spreeblick-Blog mit einer Online-Streikaktion. Aufrufe gegen die Internetausdrucker finden sich zuhauf. Mit Internetausdrucker werden die wenig internetaffinen Politiker bezeichnet – ihnen wird unterstellt, Internetseiten nicht selbst anzuschauen, sondern sie sich von Mitarbeitern ausdrucken und vorlegen zu lassen. In Twitter erscheinen im Minutentakt Tweets unter #petition oder #zensursula. Valide Zahlen zum Umfang existieren nicht. Ob die Kinderporno-Szene sich ueber diese Kanaele überhaupt austauscht, wird von Experten bezweifelt. Um das Ganze noch zu stoppen wurde eine Petition eingereicht. Diese benötigt bis zum 16. Juni 50.000 Mitzeichner, um in die öffentliche Beratung im Petitionsausschuss des Bundestages zu kommen.

Zensursula als personifizierter PR-Gag im Kabinett?

Zensursula, wie Bundesministerin von der Leyen inzwischen tituliert wird, glänzt derweil durch sinnbefreite Interviews zum Thema. Ist das nun alles Geplänkel im Vorwahlkampf? Frau von der Leyen weist nach Kanzlerin Merkel die höchste PR-Dichte in der politischen Landschaft Deutschlands auf. Am 14. September 2007 wurde sie im Rahmen des Deutschen PR Preis 2007 als Kommunikatorin des Jahres ausgezeichnet. Mit Themen wie Kinderbetreuung, Elterngeld,etc. ist sie in den deutschen Medien zeitweise omnipräsent. Eine Top-Arbeit der betreuenden Agentur.

Mit der Onlinezensur geht der Schuss nun ziemlich nach hinten los. Hier trifft Zensursula auf ein betroffenes Publikum, das sehr gut vernetzt ist und damit Informationen, Hintergründe und Auswirkungen offen diskutiert und schnell austauscht. Damit wird maximale Transparenz erreicht, was in anderen Themenfeldern kaum erreichbar ist. Kinderpornographie als PR-Anlaß für den Wahlkampf. Kann man als Politiker in unserer Parteiendemokratie tiefer sinken?

weitere Informationen:

Infos zur E-Petition bei www.zeichne-mit.de
Anzahl der Mitzeichner bei twitter unter @mitzeichner
Leyen-Interview bei radio eins